Dienstag, 24. Juni 2014

Vom Baumarkt abgezockt

Lieber Onkel Obi,

vor ziemlich genau zehn Jahren kaufte ich bei Dir mal eine Dose OBI Classic Design Color, Premium Matt, Bisquit, 5 Liter für fluffige 27,99 Euro, was an sich auch schon ein gepfefferter Preis ist, wenn man ihn mal in DM umrechnet. Heute nun habe ich dieselbe Farbe noch einmal gekauft, und der Verkäufer meinte noch so, das sei diesselbe Farbe, nur das Design der Verpackung hätte sich geändert.
Denkste! Im Keller hatte ich noch eine Dose Farbe von damals, die Menge hat sich bis heute halbiert, die neue Dose enthält nur noch 2,5 Liter. Und jetzt rechnen wir mal alle: 27,99 Euro geteilt durch 2 sind 13,99 Euro. Legen wir noch einen Anstandseuro oben drauf, wegen des wegfallenden Mengenrabatts, so kommen wir auf 14,99 Euro. Soviel dürfte die halbe Menge damals gekostet haben. Mit Hilfe der Inflationstabelle können wir nun verfolgen, wie sich dieser Preis in den letzten Jahren entwickelt haben müßte, die Inflationsrate ist in Klammern angegeben und wird immer zum Vorjahrespreis hinzuaddiert:
2005 (1,6 %): 15,29 Euro
2006 (1,5 %): 15,45 Euro
2007 (2,3 %): 15,80 Euro
2008 (2,6 %): 16,21 Euro
2009 (0,3 %): 16,26 Euro
2010 (1,1 %): 16,44 Euro
2011 (2,1 %): 16,78 Euro
2012 (2,0 %): 17,11 Euro
2013 (1,5 %): 17,37 Euro

Und für 2014 legen wir nochmal 1,5 Prozent drauf, das macht dann 17,63 Euro für 2,5 Liter. Und nun verrate mir doch bitte mal, lieber Onkel Obi – warum kostet die verdammte Dose dann 21,99 Euro, also über vier Euro mehr? Weeßte ooch nich', wa? Naja, dacht' ick mir schon …

Ohne freundliche Grüße
Dein Sunlion

2 Kommentare:

  1. Oha, da wird aber auf hohem Niveau gejammert. Bot der Obi doch tatsächlich im Jahr des Herrn 2005, inspiriert von einem matten Biscuit, eine eher ausgefallene Farbe an und im Jahr 2014 gibt es die immer noch. Das sind neun Jahre! Da kann man bedarfsweise ausbessern und muss nicht alles neu, z.B. in der Art eines matten Schokokeks streichen. In Zeiten, in denen die Produktzyklen galoppieren und sich unschöne Farben und modische Formen jagen darf Obi meiner bescheidenen Ansicht nach gerne einen Beständigkeitsaufschlag verlangen. Versuche mal beim Fahrzeughersteller Deines Vertrauens einen originalen Sitzbezug neun Jahre nach Einstellung einer Modellreihe zu erstehen. Also dann, wenn mal einer gerbraucht wird. Das wäre jetzt der Golf IV. Müdes Schulterzucken jenseits der Teiletheke ist alles, was da zu haben ist. Und wenn der Kunde noch so glücklich und dankbar für ein wenig gestepptes Tuch wäre und der Preis keine Rolle spielen würde: die verkaufen keines mehr.

    Dabei liebe ich solche Momente der Rührung: mein im Jahr 1992 bei „Gib-mir-den-Fichtenschock“-Möbelum (im südlichen Skandinavien: RS-Möbel) gekauftes Bett gibt es – schnief - seit etwa 2010 nicht mehr, aber den passenden Nachtkasten haben sie noch im Programm. Neverdull, die stinkige Reinigungswatte aus Amiland erleichterte mir bereits den Putz des ersten Fahrrades. Gibt’s noch. Der schwarzgrüne Pelikan-Füller, als Kindlein wegen seiner Klecksgefahr gehasst und daher alsbald für einen neuen Patronenfüller schnöde liegen gelassen. Neulich für satte 300 € im Karstadt gesichtet. Meine Küchenstühle stellt Thonet seit 1929 unverändert her. Habe ich seit Mitte der 90er. Damals (1929) kostete die einfachste Ausführung 16,20 RM, nicht wirklich billig, für manche ein Wochenlohn. Heute 270 €, im Vergleich zum Füller ein Schnäppchen! Und wenn keine Katastrophen biblischen Ausmaßes dazwischen kommen, werden auch die Enkel dereinst für geschätzte 19.750 ₩ebcoins noch einen nachkaufen können.

    Ich glaube, Obi wird mein Lieblingsbaumarkt.

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  2. Herr A., Sie leben noch, wie schön! Ist Ihnen eigentlich klar, daß Sie der letzte Leser meines Blogs sind? Wollen Sie dieses soziale Stigmata wirklich riskieren? Egal!
    Dennoch gibt es zwischen dem Flüssigkeks und dem Häkelwerk für Fahrzeuge einen entscheidenden Unterschied: Der Flüssigkeks wird immer benötigt, warum ihn also ändern? Obi muß die Maschinen doch einfach nur weiterlaufen lassen und die Rezeptur im Auge behalten, dann kann gar nichts schiefgehen. Das Häkelwerk hingegen ist strikt den modischen Trends unterworfen. Was vor 10 Jahren noch im Audilinchen oder vor 30 Jahren im ollen Franzosen modern war, würde sich heute wohl keiner mehr unter die Kellerdecke bügeln. Insofern wundert es mich nicht, wenn der originale Sitzbezug neun Jahre nach Einstellung einer Modellreihe nicht mehr erhältlich ist. Vermutlich wären die gesamten Sitze nach so langer Zeit ohnehin eher daran interessiert, zu ihren Ahnen zu reiten, anstatt zum Sattler.
Aber das Sie hier an dieser Stelle jetzt mit Küchenstühlen von 1929 kommen – also echteymannmannmannmeineherren – da fällt mir spontan eigentlich nur ein: Opa erzählt wieder vom Krieg!

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