Dienstag, 20. November 2012

Neues aus Nahost

Sonntag
Da in der Tagesschau mal wieder nur negative Schlagzeilen aus dem nahen Osten eintreffen, will ich mal stattdessen ein paar positive Eindrücke in die weite Welt posaunen. Nach einem streßigen Sommer, bedingt durch zu viel Arbeit und zusätzliche Belastung aufgrund des plötzlich auftauchenden Wunsches, endlich mal den Führerschein machen zu wollen, habe ich mir zum Ende des Jahres noch einen richtig großen Urlaub geleistet. Wie bereits im April, bin ich noch einmal nach Dubai gejettet, denn ich war beim ersten Mal nur vier Tage dort, danach ging es weiter nach Mauritius. Und vier Tage sind einfach zu wenig, um solch eine tolle Stadt zu erkunden.
Dank des Berliner Flughafendisasters gab es leider keinen Direktflug, somit mußte ich auf eine Alternativroute zurückgreifen, und zwar mit einer – im Vergleich zu Emirates-Maschinen – völlig veralteten KLM-Boeing-777, zumindest was den Entertaintment-Bereich angeht. Also zu kleine Monitore, zu langsame Software, zu geringer Sitzabstand. Andererseits fliege ich lieber mit einer sicheren Maschine, als mit einem großen Monitor, dessen Liveansicht mir im Falle eines Absturzes den auf mich zustürzenden Erdball auch nur größer anzeigt.
Start also in Berlin-Tegel, …


… Zwischenlandung in Amsterdam, und von dort nach Dubai.


Von oben betrachtet, scheint Amsterdam nur aus Wasser zu bestehen, kein Wunder, daß die Holländer alle feuchte Füße haben. Jetzt wissen wir also auch, woher der Käse kommt!

Dienstag
Bevor das jetzt jedoch in einem ernsthaften internationalen Zwischenfall endet, schwenke ich lieber galant zum nächsten Thema um. Am Montag habe ich bereits eine recht beachtliche Strecke zu Fuß zurückgelegt, ich bin etwa 15 Kilometer durch die Stadt gelaufen, um mir ein Bild zu machen. Aufgrund akuter Faulheit hatte ich meine Kamera nicht dabei, wodurch mir ein paar sehr interessante Fotomotive durch die Lappen gegangen sind. Diesen Fehler habe ich heute nicht noch einmal wiederholt.
Denn heute war ich auf der Suche nach dem Dubai Creek, ein Fluß, der die Stadt durchzieht, im Süden einen Bogen beschreibt und etwa am Burj Khalifa endet. In der Spiegelung des Gebäudes kann man ihn bereits sehen:


Und hier ist er höchstpersönlich:


Am Ufer liegen die Jachten von armen …


… und reichen Ölscheichs:


Auch in der Gegenwart gestrandete Zeitreisende aus dem Mittelalter gibt es hier zu sehen:


Anschließend wurde mein Flußspaziergang leider durch mehrere weiträumig abgesperrte Gelände unterbrochen, so daß ich einen riesigen Bogen gehen mußte, um wieder an den Fluß zu kommen. Dieser Umstand verhalf mir zu folgendem Bild: Andere Länder, andere Sitten – Baustellenschilder werden hier einfach mit Holzständern zusammengezimmert und mit Sandsäcken beschwert. Ich wette, damit würden sie bei der deutschen Bauaufsicht, dem Arbeitsschutzministerium, dem Gesundheitsamt, dem Verkehrsministerium, dem ADAC, den AC/DCs und diversen Schilderherstellern nicht durchkommen:


Aber auch das gibt es in Dubai: Gigantische Investitionsruinen. Ein Vergnügungspark mit Achterbahn, Karussells und Pipapo, alles außer Betrieb, verfallen und verrostet:


Nachdem ich den Dubai Creek dann wiedergefunden hatte, fand ich die Idee, ihm weiter zu folgen, irgendwie nicht mehr ganz so romantisch:


Die Stadtväter geben sich sehr viel Mühe und vermutlich Unmengen von Geld dafür aus, die Stadt zu begrünen. Selbst an den unmöglichsten Stellen, wie unter einer Autobahnbrücke (!) habe ich liebevoll angelegte Beete gesehen, obwohl dort vermutlich niemals ein Mensch langkommen wird. In Berlin sind immer öfter nicht mal die Grünanlagen gepflegt und auf den Gehwegen wuchert das Unkraut:


Hier eine der genialen Metrostationen, die ein goldenes Dach haben, alle gleich (gut) aussehen und schon von weitem erkennbar sind. Diese hier liegt in einer vergleichsweise ausgestorbenen Gegend mit vielen Geschäften, die bereits wieder schließen mußten. Vermutlich hatte man gehofft, daß sich der Stadtteil schneller entwickelt:


Ein Ausblick, wie man ihn auch nicht bei jeder U-Bahn hat:


Die U-Bahn ist übrigens führerlos und vollautomatisch gesteuert. Sogar der Rausschmiß von Bösewichten erfolgt vollautomatisch nach der James-Bond-Methode. Leider hat sich bei den reichen und gelangweilten Emirati-Jungspunden ein Volkssport daraus entwickelt: Wer es schafft, das unanständigste Wort zu sagen und am weitesten hinauskatapultiert wird, hat gewonnen. Zunächst betrachtete man seitens der Regierung diese Entwicklung sorgenvoll als neue Volksseuche, aber Dubai wäre nicht ein Ort der Superlative, wenn man nicht auch dieser Herausforderung positive Seiten abgewinnen könnte. Somit finden hier nächstes Jahr die ersten Weltmeisterschaften im Mecker-Weitkatapultspringen statt.
Die interessante Spiegelung auf dem folgenden Foto ist mir heute früh schon über den Weg gelaufen, aber da hatte ich noch keine Lust zum Fotografieren. So für sich betrachtet, irgendwie ein kleines Kunstwerk, ich habe ihm den liebevollen und romantischen Titel „Doppelhaushälfte“ gegeben. Mal sehen, ob sich ein reicher Emirati findet, der es mir für 10 Millionen abkauft:


Die Gebäude hier sehen ja überwiegend alle recht interessant aus, aber manchmal habe ich den Eindruck, die Erbauer wußten bei der Planung noch nicht, daß kurz nach der Fertigstellung nebenan ein weiteres Haus entstehen würde. Oftmals sind die Häuser auch keine fünf Meter, also extrem dicht nebeneinander gebaut.

Hier hat Allah wohl seine schützende Hand über mich gehalten, denn der Blumentopf schlug keine zehn Meter von mir entfernt, vom 6. Stockwerk herunterfallend, vor mir auf dem Gehweg ein, und zwar genau an der Stelle, an der ich auf Grund des im Weg stehenden Autos hätte durchgehen müssen:


Und diesen Ausblick bekommt man, wenn man ein Zimmer bestellt – „ganz weit oben und mit freier Sicht“:


Ich hätte bestimmt tauschen können, aber die sind hier alle so hinreißend nett, daß ich keine Lust hatte, Terror zu machen. In zwei Tagen ziehe ich sowieso in ein anderes Hotel, direkt neben dem Burj Khalifa, auf den Ausblick bin ich schon mal gespannt!

Mittwoch
Als ich am Montagabend von meiner ersten Dubai-Tour ins Hotel zurückkam, saß unten in der Lobby ein hinreißend niedlicher asiatischer Hase, mit schwarzem Fell, dunklen Knopfaugen und einer süßen Schnuppernase und sörfte mit seinem Apple-Laptop im Internet. Entweder hatte der Hase noch nicht bemerkt, daß die Zimmer ausnahmslos kostenlosen Internetanschluß haben oder es gab keine LAN-Kabel zum Ausleihen mehr oder aber der Hase saß absichtlich in der Lobby, um von flauschigen kleinen Sonnenlöwen wie mir bemerkt zu werden, auf das wir uns beim gegenseitigen Fellkraulen möglicherweise näherkommen. Jedenfalls schaute er mir etwas länger in die Augen, als asiatische Lobbyhasen das gemeinhin tun, und auch länger, als es von der asiatischen Hasenlobby empfohlen wird, und ich schaute zurück mit dem romantischsten Sonnenlöwenblick, der sich – schon lange verstaubt und vergessen – ganz unten in meiner Romantischer-Sonnenlöwenblick-Kiste befindet. Vor lauter Geflörte vergaß ich dann glatt, meine Magnetkarte in den dazugehörigen Schlitz an der Außenseite der Fahrstuhltür zu schieben, sodaß ich den Fahrstuhl noch einmal verlassen mußte, um dies nachzuholen, was von dem Lobbyhasen sicherlich nicht unbemerkt blieb. Anscheinend war soviel stümperhaftes Unvermögen zuviel des Guten und der Hase ist unverzüglich abgereist, denn er ist seitdem nicht wieder aufgetaucht.
Dafür haben mir heute jede Menge schöne Frauen hinterhergeschaut, exotische Orientalinnen und zierliche süße aus Asien. Oder habe ich ihnen hinterhergeschaut? Ich weiß nicht mehr genau. Auf jeden Fall reagieren sie nicht, wie viele Deutsche, mit einem genervten Gesichtsausdruck, sondern stets mit einem freundlichen Lächeln oder Augenzwinkern. Sogar Männer haben mir hinterhergeschaut! Allerdings rastete ihr Blick eher weiter unten, etwas rechts neben meinem Fußgelenk ein. In dieser Höhe etwa hing nämlich meine achtlos mit der Hand am Riemen gehaltene, herumbaumelnde, vollautomatische, hyperdigitale, ultramultifunktionale Spiegelreflexkamera. Besonders verliebt sahen die Blicke dabei allerdings nicht aus. Pentax ist hier anscheinend nich' so die Marke für spontane Heiratsanträge.
Jedenfalls ging es heute noch einmal zurück zum Dubai Creek, diesmal wollte ich an seinem Ufer nach Norden wandern, um dann eine Möglichkeit zu finden, an das andere Ufer zu wechseln und den dort befindlichen Gold Souk – den weltberühmten Goldmarkt zu besuchen.



An der Promenade entlang des Flußes tummeln sich Menschen aus der ganzen Welt. Am meisten aber beeindrucken mich immer wieder die Emiratis: Sie strahlen eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, niemand rennt, keiner hat es eilig, sie spazieren in aller Seelenruhe durch's Leben und haben alle Zeit der Welt. Ich glaube, niemand auf der Welt kann so langsam gehen, wie die Eingeborenen Dubais. Und ich erinnere mich, daß ich bereits im April diese Gelassenheit mit zurück nach Berlin nehmen wollte, denn den meisten Streß macht man sich wohl selber, wenn man es ständig nur eilig hat.


Noch ein Bild vom Berufsverkehr in Dubai, …


… kurz darauf kam ich in die Nähe eines orientalischen Marktes und wurde Zeuge einer Schlägerei: Zwei Händler sprangen wir verrückt umeinander herum und versuchten, den anderen mit der Unterseite eines Schuhs zu verprügeln. Und ein gutes Dutzend ihrer Freunde saß drumherum und feuerte sie an. Verletzt wurde niemand, alle hatten dabei ihren Spaß, auch die beiden Streithähne! Ich wagte es nicht, die Kamera auf sie abzufeuern, denn in allen Reiseführern steht geschrieben, daß man beim Fotografieren von Menschen sehr zurückhaltend sein soll. Und da ich die beiden Kontrahenten ja schwerlich fragen kann, während sie mit sich beschäftigt sind, kann ich hier leider keine Bilder präsentieren. Aber ich schwöre, es wären preisverdächtige Aufnahmen geworden!
Auf dem Markt war es dann etwas nervig, die Händler sind sehr aufdringlich und versuchen einen mit allen Tricks, in ihren Laden zu locken, es ist auch keine gute Idee, einem von ihnen die Hand zu reichen, die gibt er nämlich nicht wieder her. So machte ich mich möglichst schnell aus dem Wüstenstaub und überdachte dabei noch einmal mein Vorhaben, den Goldmarkt zu besuchen. Es kam dann überraschenderweise doch anders, zunächst aber folgte ich weiter dem Fluß, bestaunte ein Viertel mit in traditioneller Bauweise errichteten Gebäuden, in denen unter anderem Handwerkskunst und arabische Kalligrafie gezeigt werden und lauschte dem Gebet des Muezzins:




Während ich bei den sich prügelnden Händlern mit der Kamera sehr zurückhaltend war, hatte ich bei den Hafenarbeitern eher weniger Bedenken. Sie schienen mir sehr friedlich zu sein, seltsam still, fast schon zu ruhig … um nicht zu sagen … irgendwie … tot. Aber ich hatte meine Brille nicht dabei und auch sonst keine Lust, der Sache weiter auf den Grund zu gehen:



So kam ich also irgendwann am Ende des Dubai Creek an, wo er ins Meer mündet und es kein Weiterkommen gibt:


Während ich so ganz mutterseelenallein und hilflos am Ufer herumstand und nicht wußte, wie ich das andere Ufer erreichen könnte, da erfüllte sich die Luft plötzlich mit Harfenmusik, blondgelockte Engel flatterten um mich herum, der Boden erbebte und eine tiefe Stimme sprach auf Arabisch: „Achmach michscha Chmattach!“ Auf Deutsch übersetzt etwa: „Dir werde geholfen, mein Sohn!“. Und plötzlich tat sich mit furchtbarem Grollen vor meinen Füßen die Erde auf, verschlang mich mit Haut und Haaren und spie mich am anderen Ufer wieder aus:


Die Unterführung kam tatsächlich völlig unerwartet und ohne jede Vorankündigung, und der Eingang sah auch recht unscheinbar aus, sodaß mir das Ganze wirklich wie ein Wunder vorkam. Hier der Eingang auf der gegenüberliegenden Seite:


Noch viel verwunderlicher war jedoch der Umstand, daß am anderen Ufer direkt vor meiner Nase der Gold Souk begann, also ohne daß ich erst nach ihm suchen mußte, was ich nach der Erfahrung mit den aufdringlichen Händlern davor ohnehin schon abgehakt hatte. Hier waren sie dann aber nicht ganz so aufdringlich, die einzigen, von denen man angesprochen wurden, handelten mit bekannten Markenuhren wie Prollex, Omeingott und der guten alten Glashütte aus der DDR. Und das zu erstaunlich niedrigen Preisen! Ich wußte doch schon immer, daß man bei den Juwelieren in der Berliner Friedrichstraße gerupft wird, wie eine Weihnachtsgans! Da ich aber schon ein paar chinesische Originale in meiner Vitrine liegen habe, die ich nicht mehr trage, war ich somit nicht der richtige Ansprechpartner und konnte stattdessen über die wirklich märchenhaften Kunstwerke der Goldschmiede staunen. Etwas Vergleichbares habe ich sonst noch nirgendwo gesehen, nicht einmal bei den Weihnachtsgans rupfenden Juwelieren in der Friedrichstraße:



Und natürlich lassen sich die Touristen gern vor all der Pracht fotografieren:


Der Markt ist ein Touristenmagnet und sehr gut besucht.


Nach der anstrengenden Tour und den langen Fußmärschen der letzten drei Tage, fingen meine Füße plötzlich und unerwartet an, über die Gründung eines Betriebsrates nachzudenken. Ich konnte sie jedoch mit einem Essen im Deira City Center (Deira ist ein Stadtteil von Dubai) wieder milde stimmen und somit beginnende Streikerwägungen in letzter Sekunde abwenden. Das … nennen wir es mal – Restaurant – bis mir eine bessere Bezeichnung einfällt, ist ein größerer Bereich im Einkaufszentrum, wo es mehrere kleine Imbisse verschiedener Nationalitäten gibt, also indisch, chinesisch und so weiter. Und auch die Gäste sind international, alle Nationalitäten, Rassen und Religionen sitzen hier friedlich nebeneinander und essen. Was für mich ein sehr schöner Beweis ist, daß nicht die normalen Menschen darauf aus sind, sich gegenseitig umzubringen, sondern daß es immer einiger Scharfmacher bedarf, um Kriege anzuzetteln. Die friedliche, entspannte Stimmung in diesem … Restaurant … ist es, warum ich in Dubai am liebsten immer wieder dort essen gehen. Fiese Scharfmacher gibt es dort allerdings auch. Die arbeiten aber nur hinter dem Tresen des indischen Imbisses. Deswegen ist es ganz wichtig, vorher zu fragen, ob das Essen scharf ist oder nicht. Denn wenn Inder „spicy“ sagen, dann meinen die das auch so!


Und nun achtet mal genau auf den Asiaten halb links, mit dem weißen Tankshirt. Das ist Tony Jaa, ein Kampfkunst-Genie und Ausnahmetalent, der nicht nur in der Welt des Kampfsports weltberühmt ist, und gegen den Bruce Lee einfach nur alt aussieht:


In seinem Debutfilm Ong Bak zeigt er atemberaubende Stunts, die ausschließlich ohne Computertricks oder unsichtbare Seile entstanden sind. Ein Film, den man gesehen haben sollte und der Tony Jaa weltberühmt gemacht hat.
Das sagte ich ihm dann auch, als er und seine Begleiterin mit dem Essen fertig waren. Es war sehr erstaunt und freute sich, bedankte sich auch vielmals. Aber leider kannte er Tony Jaa nicht und seine Filme waren ihm auch völlig unbekannt. Aber nett war unsere Begegnung trotzdem. Deswegen kann ich Dubai wirklich jedem empfehlen, der den traurigen grauen Gestalten unserer Gesellschaft mal wieder entfliehen möchte.

Donnerstag
Gestern Abend ist überraschenderweise mein iPhone ins Koma gefallen. Und das kam so: Normalerweise synchronisiere ich es ja zu Hause mit meinem iMac, der aber jetzt nicht hier ist, sondern zu Hause, hier ist stattdessen mein Macbook Pro, mit dem ich aber nicht synchronisiere, weil das von Apple nicht erlaubt ist und ich ja mit meinem iMac synchronisiere, der aber jetzt nicht hier ist, sondern zu Hause. Ääähhh …
Und an eben dieses Macbook Pro schloß ich in einem wahnwitzigen Anfall von Übermut mein iPhone an, nicht um es zu synchronisieren – das mache ich mit meinem iMac. Der jetzt nicht hier ist. Sondern zu Hause. Sondern um einfach nur den Akku aufzuladen. Prompt meldete sich das Synchronisierungsprogramm iTunes mit der Frage, ob ich denn nicht dieses oder jenes synchronisieren möchte, was ich selbstverständlich verneinte!
Über soviel Forschheit offenbar erzürnt oder möglicherweise aber auch nicht ganz sicher, ob ich als Anwender auch wirklich alle Vorteile bedacht habe, die sich aus solch einer Synchronisierung ergeben, übernahm iTunes kurzentschlossen die Regie und löschte alle meine Apps auf dem iPhone. Da solch schändliches Tun aber nicht hinnehmbar ist, unternahm ich sofort alle notwendigen Maßnahmen zum Gegenschlag und versuchte, ein Backup aus der iCloud einzuspielen. Verwirrt und verängstigt durch so viel ungewohnte Hektik zog das iPhone die Konsequenzen und sich selbst den roten Schieberegler einmal quer über den Bauch – Harakiri! Somit war mein erster Weg für heute bereits vorgeplant – ein Besuch im brandheißen Apple Store in der brandheißen Mall of the Emirates, ein Einkaufsparadies der Superlative für Superreiche.


Mir persönlich ist das Konzept von gigantischen Einkaufszentren ja etwas suspekt: Was bringt mir eine riesige Ansammlung von Geschäften, wenn man sich nicht mehr dazwischen zurechtfindet?
Der brandheiße Apple Store entpuppte sich dann als lauwarmer Tresen mit einer Handvoll veralteter Geräte, eingebettet in einen Virgin Megastore, der selbst aber auch nicht unbedingt Mega war. Höchstens ein wenig Super.
Wobei … nee, eigentlich nicht mal das.
Einer der Verkäufer fing augenblicklich an, sehr, sehr glücklich zu schielen, nachdem ich ihm den Vorfall erklärt hatte und verwies mich an eine indische Computerfrickelbude, die Computer und Handys repariert. Während ich in Deutschland strikt nach dem Grundsatz lebe: „Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht!“ haben mich die Hitze und all die freundlichen Menschen hier um mich herum anscheinend mental etwas weichgekocht und dazu verführt, haarsträubende Risiken einzugehen. Beispielsweise esse ich Dinge, die ich nicht kenne, dusche früh statt abends und gab dem Inder völlig arglos mein iPhone zur Reparatur. Die werde so etwa 100 bis 150 kosten, meinte er noch. Dirham, nicht Euro! Also irgendwas im Bereich von 50 Euro. Das Risiko war's mir dann wert, mal sehen, was dabei herauskommt.


Anschließend schlenderte ich noch durch die auffallend hübsch gestalteten Gänge des Einkaufszentrums und versuchte, einen Ausgang zu finden. Schließlich landete ich in einem Parkhaus, das vermutlich ebenso groß ist, wie der Verkaufsbereich und freute mich über die erstaunten Gesichter der Autofahrer, die so taten, als sei ich das UFO und nicht sie. Irgendwie kämpfte ich mich dann über einen U-Bahn-Zugang nach draußen. Hier noch mal eine der herrlichen Stationen, ohne, daß irgendetwas Störendes davorsteht. Sollte ich irgendwann mal einen Architekturpreis verleihen müssen, die Stationen hätten ihn sicher:


Die Mall of the Emirates liegt nur noch wenige Kilometer vom Meer entfernt, deshalb lief ich dann in Richtung des berühmten 1001-Sterne-Hotels Burj Al Arab, das unübersehbar wie ein vom Wind aufgespanntes Segel direkt am Meer steht:



Von meiner Reise im April wußte ich aber bereits, daß man nicht näher herankommt, das Gelände ist abgesperrt, die Reichen bleiben gern unter sich. Und die Wachposten kommentieren das Ganze mit „No booking … no looking!“
Und dann, endlich – das Meer! Warmes Wasser, Sonne und Strand! An einem 22. November! Nicht zu fassen …



Auch nach vier Tagen gefällt mir Dubai immer noch ausgesprochen gut. Nur eine Sache ist hier genauso schlecht, wie überall auf der Welt: Wenn man nur mal einen Spaziergang machen will, umschwärmen einen die Taxis wie Mücken am Karpfenteich. Aber wenn man wirklich mal dringend eins benötigt, ist garantiert keines mehr verfügbar. Deswegen mußte ich den Rückweg zum Hotel doch wieder zu Fuß und mit der U-Bahn zurückgelegen. Das Ergebnis seht Ihr hier, schmutzige Füße und eine Blase, so groß wie ein Elefant:


Dafür werde ich morgen mit dem Auto abgeholt und in mein zweites Hotel gefahren. Fünf Sterne! Ich hoffe, das Badezimmer wird dann nicht ganz so desaströs aussehen, wie im Moment. Die Fotos erspare ich Euch aber lieber …

Freitag
Heute hieß es Sachen packen, Schlüssel abgeben, in die Sänfte einsteigen und zum nächsten Hotel tragen lassen. The Adress Dubai Mall liegt an der Dubai Mall, ist ja klar, sonst hieße es nicht so, und ist ein ausgesprochen luxuriöses Hotel. Allein schon das Bad steht im krassen Kontrast zu dem vom letzten Hotel, es ähnelt auch mehr einem Altar, in dessen Opferschale man sich hineinlegt, um sie anschließend wieder gereinigt und geläutert zu verlassen:


Auch die Opferschale an sich hat einen spektakulären Ausblick. Soetwas bietet sonst wohl nur noch die Guldenbadewanne im Geldspeicher von Dagobert Duck:


Auch in diesem Hotel lassen sich die Fenster öffnen, was in Dubai nicht unbedingt Standard ist, auch nicht bei teuren Hotels. Das hat mit den häufigen Sandstürmen zu tun – läßt ein Gast beim Weggehen versehentlich das Fenster offen, kann das ganze Haus danach abgerissen und wieder komplett aufgebaut werden, denn den Sand bekommt man nicht mehr so einfach raus. Hier ist das jedoch glücklicherweise anders, und somit bietet der Balkon einen beeindruckenden Ausblick. Ganz links das Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt:


Und hier noch mal in seiner ganzen Größe und Schönheit:


Allerdings stelle ich fest, daß die Stadt hier auch nicht viel leiser ist, als in der Nähe des anderen Hotels, im Gegenteil: Um das Hotel herum verlaufen zwei Autobahnen mit jeweils 299 Fahrstreifen. Das Gehupe ist unvorstellbar. Ich vermisse heute zum ersten Mal mein beschauliches Berlin, in dem es kaum Verkehr gibt und die Erfindung der Hupe erst noch bevorsteht.

Samstag
Oh, Ihr garstigen Hobbits! Jetzt weiß ich endlich, wieso man ausgerechnet von der Badewanne aus das Burj Khalifa sehen kann! Ist doch logisch – um gleich ein für alle Mal klar zu machen, wer hier den Längeren hat! Boa, ist das fies!!!
Aber heute Morgen soll mich das nicht weiter stören, bei dem Anblick. Hallo, Du Schöne, hast Du Dich für meinen Besuch heute extra herausgeputzt?


Also, dann schauen wir doch mal nach, wer den Längsten hat: Merkwürdig, der Berliner Fernsehturm ist gar nicht dabei. Anscheinend haben uns Asien und der Nahe Osten auch schon in dieser Beziehung abgehängt:


Es folgen einige interessante Informationen und Daten über das 828 Meter hohe Bauwerk, beispielsweise haben pro Tag rund 15.000 Arbeiter gleichzeitig daran gebaut. Außerdem werden die 100 wichtigsten Köpfe der Planungs- und Bauphase auf Gruppenfotos vorgestellt, leider wird diese sehr interessante Ausstellung zum Fahrstuhl hin immer dunkler, sodaß die Kamera irgendwann versagt und ich keine Fotos davon habe. Aber die zukünftigen Bewerbungsgespräche der Leute stelle ich mir lustig vor: „Was haben Sie denn schon so alles geleistet?“ „Ich habe das Burj Khalifa mitgebaut!“ „Oh … tja … öhm … wann … äh … könnten Sie denn bei uns anfangen? Möchten Sie noch einen Kaffee? Ein Kissen vielleicht?“
Bei deutschen Unternehmen, so fürchte ich, würde ein solcher Lebenslauf aber wohl eher dazu führen, daß erst gar keine Einladung ausgeprochen wird. Überqualifiziert!
Und dann ist es soweit – der Fahrstuhl befördert einen pro Sekunde etwa vier Stockwerke nach oben (oder nach unten), merken tut man das nicht, die Beschleunigung ist so sanft, wie ein Babypopo. Nach wenigen Sekunden öffnet sich die Tür und man betritt die Aussichtsterrasse. Von dort geht es 452 Meter in die Tiefe:


Würde ich hier meine Kamera fallen lassen, dürfte der Pentax-Service in Hamburg angesichts des undefinierbaren Metallklumpens wohl nur noch mitleidig den Kopf schütteln. Das hohe Gebäude auf dem Bild unten ist ein Hotel, in das ich sehr gerne eingecheckt hätte, aber bei Preisen von über 4000 Euro für 10 Tage kann ich mir den Luxus und den tollen Ausblick leider nicht leisten:


Die auf alt getrimmten Gebäude daneben heißen The Old Town und sind atemberaubend schöne Apartments und Hotelzimmer. Wer sowohl Glück und Geld hatte, eines davon zu erstehen, dürfte sich vor Freude wohl kaum noch einkriegen. Davon mache ich morgen noch mal ein paar Detailaufnahmen.
Das beigefarbene Gebäude in der Mitte auf dem folgenden Bild ist mein derzeitiges Hotel. Ich wohne im 12. Stock, und wer genau hinschaut, kann mich winken sehen:


Hier kann man sehen, daß Dubai direkt am Meer liegt. Bei den hellen Sandflecken am oberen Bildrand handelt es sich um The World, eine künstlich angelegte Inselgruppe, deren Ausbau aber aufgrund der Wirtschaftskrise nahezu eingestellt wurde:


Ein Grund, warum man in Dubai niemals nackt irgendwo herumliegen oder -schwimmen sollte, ist neben dem offiziellen Verbot natürlich auch der Umstand, daß irgendwelche Paparazzi mit 300er Teleobjektiven auf irgendwelchen Türmen herumhängen und heimlich Fotos machen. Ich finde sowas ja unmöglich!


Interessantes Detail am Rande: Man vergleiche die Größe der Ventilatoren auf dem Dach mit der Länge der Autos:


Manche Leute habe Balkone, da platzen einem vor Neid echt die Socken:


Von hier oben geht es also noch ganze 376 Meter weiter rauf. Nun weiß ich auch, weshalb der Berliner Fernsehturm bei dem Vergleich der längsten Lümmel nicht mit dabei ist. Er ist mit seinen 368 Metern einfach zu klein.


Hier die größten Wasserspiele der Welt von oben betrachtet:


Und genau die schau ich mir jetzt noch mal bei Dunkelheit an!
Sooo … bin wieder zurück. Im April habe ich die Präsentation nur am Tage gesehen, da hat sie mich nicht so sehr beeindruckt, aber bei Dunkelheit sieht das Ganze wirklich großartig aus! Die technischen Möglichkeiten allein sind schon erstaunlich, von Bodennebel bis hin zu Funkenflug und Feuerwerk kann alles Mögliche simuliert werden. Das in Fotos darzustellen ist leider nicht möglich, deswegen belasse ich es bei dem einen und verweise stattdessen auf den Schrank mit den Videokassetten:


Ansonsten habe ich heute noch eine Millionärin an einem Fahrstuhl wartend getroffen (die Frau, die mit ihrem Mann den Swimmingpool anschaut). Sie bewohnt ein Apartment im Burj Khalifa, und in der Dokumentation war zu sehen, wie sie und ihr Mann es sich einrichten. Sie schaute ein wenig grießgrämig, aber als ich sie ansprach, verwandelte sie sich in eine Oase der Freundlichkeit. Für mich wäre das Apartment aber nichts, denn so schön, wie das Gebäude auch sein mag – man kann leider nicht die Fenster öffnen, und für mich fühlt sich das an, wie in einer Sardinenbüchse. Allein schon die Fensterreinigung ist ein wenig aufwendiger: Man muß ein Kletterteam anfordern, das sich von oben an die gewünschte Etage herunterhangelt und dann die Fenster putzt. Der Spaß kostet über 4000 Euro!
Als ich ihr zum Abschied die Hand reichte, ärgerte ich mich ein wenig, daß ich keinen Woodoo-Zauber beherrsche, der bei Handkontakt zu einer winzigkleinen Verlagerung eines Teils ihres Reichtums hin zu meinem Leben führt.

Sonntag
Heute bin ich viel gelaufen und habe jede Menge Fotos gemacht. Soviel, daß ich noch für den Rest meines Lebens damit beschäftigt sein werde, sie zu bearbeiten. Deswegen gibt es heute nur noch ein Betthupferl. Um den Rest kümmere ich mich spätestens übermorgen, wenn ich mit Sonnenbrand im Bett liegen, morgen Mittag geht es nämlich weiter zum Strandhotel. Also immer schön die Sonnemcreme in Griffweite lassen!
Gute Nacht Burj Khalifa, Du Schöne. Selbst bei Nacht funkelst Du wie tausend Diamanten:


Montag
Neues Hotel, neues Glück: Das ich bei diesem Anblick freiwillig ein Upgrade anschob, dürfte wohl klar sein. Ansonsten hätte ich auch in Berlin-Marzahn Urlaub machen können:


Stattdessen habe ich nun einen hübschen Eckbalkon mit Blick auf das Meer und eine wunderhübsche Baustelle, auf der auch Nachts gearbeitet wird. Eigentlich müßte das Hotel mir dafür Geld geben, daß ich nicht sofort wieder auschecke:



Überhaupt ist die Gegend nicht besonders attraktiv, lieblos zusammengeklatschte und in Rekordzeit hochgezogene Hotel-Hochhäuser, extrem dicht nebeneinander, einfallslos gestaltet, vermutlich um möglichst schnell, möglichst viel Geld zu scheffeln, bevor der Touristen-Boom wieder vorbei ist, die Heuschrecken weitergezogen sind. Und so sieht auch der Strand aus, überall herumliegende Zigarettenkippen (was ich bisher nirgends gesehen habe), Papier sowie leere Flaschen und Dosen. Nicht so schlimm, daß es stört, aber es fällt schon ein wenig auf. Ich werde nie begreifen, wieso Menschen ihren Müll, den sie loswerden wollen, einfach fallenlassen, egal wo sie gerade stehen. An mangelnden Abfallbehältern kann es nicht liegen, die gibt es hier überall. Deswegen lieber wieder zurück zu gestern, da gibt es ja noch einige angenehmere Fotos.
Die Stadt ist bereits festlich geschmückt, überall hängen Fahnen, Wimpel und Portraits der Herrscherfamilie. Im Dezember feiern die Vereinigten Arabischen Emirate den 41. Jahrestag ihrer Vereinigung. Das verspricht, eine turbulente Zeit zu werden:


Und hier ein paar Bilder der Sheikh Zayed Road:





Aber mal ehrlich – wohnen möchte man dort nicht! Es gibt viele Ecken, wo vermutlich nie die Sonnen hinscheint. Dann schon lieber im fünften Stock meiner Genossenschaftswohnung mit freiem Ausblick auf den Sonnenuntergang. Insofern sie mal scheint. Aber seit ich aus dem ersten Stock mit komplett verstelltem Baumblick nach oben gezogen bin weiß ich erst, wie interessant selbst grauer Himmel sein kann.
Aber hier würde ich gern wohnen:



The Old Town, ein Gebäudekomplex im altarabischen Stil, wir hatten ihn neulich schon von oben gesehen. Von ganz weit oben!!!



Hier würde ich gerne alt werden. Hast Du gehört, Schicksal? Gott? Allah? Ich würde hier gern alt werden!!!
Ich überlege, ob ich das nicht besser noch etwas präzisiere, das Schicksal kann manchmal ulkig sein. Also, Ihr drei, wenn ich alt bin, würde ich hier gern leben, okay? Als Rentner. Von meinen 850 Euro Rente, dank Ursula von der Leyen.
So, und jetzt macht mal was draus!



Unglaublich, wieviel Liebe in jedem Detail steckt:



Wie schön so eine Anlage aussehen kann, wenn der Architekt nur halbwegs talentiert ist.



Und über allem taucht immer wieder das Burj Khalifa auf, ein Bauwerk, dessen Schönheit man nur schwer erfassen kann, weil es nicht erfaßbar ist, es entzieht sich den Blicken, es wandelt seine Gestalt in Abhängigkeit seiner Umgebung.


Wäre es ein Betonklotz, könnte man sagen, okay – dort steht ein Haus, ich sehe es deutlich! Doch die reflektierende Glasfassade spiegelt ihre Umgebung wieder: Ist der Himmel blau, scheint das Gebäude ebenfalls blau, ist der Himmel grau, so sieht auch das Bauwerk grau aus. Und bei Nacht ist es schwarz. Hunderte zufallsgesteuerte Blitzlichter lassen den Turm dann funkeln, wie einen Diamanten. Und stets wirkt es schön und irreal, wie ein Traum, unwirklich, vielleicht weil es keiner bisher bekannten Gebäudekonstruktion ähnelt. Es sieht nicht aus, wie ein Hochhaus, eher wie eine Rakete, ein Raumschiff aus einer anderen Welt, fremdartig und atemberaubend. Besonders im Kontrast mit anderen Gebäuden wird erst deutlich, wie außergewöhnlich seine Erscheinung ist.


Aus meiner Erinnerung klaube ich gerade die letzten Reste eines Zitates zusammen, dessen Urheber ich nicht mehr weiß und von dem ich nur noch vage den Inhalt zusammenbekomme, selbst Google hilft mir dabei nicht weiter. Was soll's, ich behaupte einfach, es sei von mir. Also, der berühmte Philosoph Sunlion hat einmal gesagt: „Schönheit ist, wenn man ewig schaut und betrachtet und doch immer noch ein letztes Rätsel bleibt“. Ich finde, das trifft genau auf das Burj Khalifa zu. So wie der Turm zu Babel wird es wohl die Zeiten überdauern, selbst wenn es schon längst nicht mehr steht.


Dienstag
Irgendwie habe ich heute Nacht schlecht geschlafen und stand schon gegen 7 Uhr auf. Allerdings war es erstaunlicherweise nicht die Baustelle, die mich wachgehalten hat, sondern wohl nur die Erwartung, sie könnte es tun. Als ich etwas später die Zimmertür öffnete, hing außen ein schwarzer Beutel an der Türklinke. Den kannte ich bereits vom zweiten Hotel meiner Tour, er enthielt die tagesaktuelle Zeitung. Im ersten Hotel, welches eher der untersten Preiskategorie zuzuordnen ist, gab es keine schwarzen Beutel. Allerdings gab es dort nicht einmal Türklinken.
Während beim letzten Hotel die Zeitung „The National“ im Beutel steckte, begnügt sich meine derzeitige Herberge mit „The Gulf Today“, was in mir die Überlegung wachrief, was denn mit Zeitung und Inhalt geschieht, wenn ich sie erst morgen lese, anstatt bereits „today“. Mit solcherlei Gedanken stieg ich in den Fahrstuhl, um im zweiten Stock mein Frühstück zu mir zu nehmen. Dort stolperte ich über Probleme ganz anderer Art: Während ich mich zunächst einmal freute, daß es Frühstückseier in den drei Varianten „soft boiled“, „medium boiled“ und „hard boiled“ gab, führte das Öffnen des ersten Eies prompt zur Ernüchterung. Das „mittelweich“ gekochte Ei verteilte sich beim Öffnen auf der edel gewachsten Oberfläche des Tisches. Außerdem entdeckte ich eine unpraktische Diskrepanz zwischen der Anzahl der Brötchenhälften und der vorhandenen Butterdöschen. Ich hatte zwei Brötchen, also vier Brötchenhälften, aber nur drei Butterdöschen. Wie verteilt man drei Butterdöschen auf vier Brötchenhälften? Instinktiv griff ich nach meinem iPhone, um das mathematische Problem umgehend mit Hilfe der Rechner-App zu lösen und – griff ins Leere. Das komatöse Handy befand sich ja noch immer in den fachkundigen Händen der indischen Frickelbude. Ich nahm also meine Stoffserviette, wischte das Flüssigei von der Tafel, griff zur Kreide, und begann, eine Gleichung aufzuschreiben:
4:3=
Eine Kellnerin kam vorbei, schaute entsetzt und schüttelte den Kopf. Verkehrt herum? Ich strich die Gleichung durch und setzte nochmal an:
3:4=
Einige weitere Kellner gesellten sich zu uns und fingen zunehmend lauter werdend und ausschließlich in mir unbekannten Sprachen an, über das Problem zu diskutieren, während ich mit der Zinke einer Gabel die Gleichung in die gewachste Oberfläche des Tisches ritzte. Vier Brötchenhälften geteilt durch drei Butterdöschen … nein, die Kellnerin hatte ganz recht, das funktioniert so nicht. Ich muß die Butterdöschen durch die Brötchenhälften teilen, also:
3:4= … äh … Null, Komma … äh … wie ging nochmal Division? Ach so … Strich unter die Drei … ach verdammt! Ich strich die Gleichung wieder durch.
Mittlerweile beschäftigen sich ein Haufen Kellner, Restaurantmanager und sonstige Hotelbedienstete mit dem mathematischen Problem und redeten lauthals auf mich ein. Der Chef des wissenschaftlichen Teams zeigte immer auf die Tür, aber es dauerte eine Weile, bis ich verstand … die Tür hatte eine viel größere Fläche und war somit für komplizierte Berechnungen viel besser geeignet! Ich näherte mich also mit der Kreide der Tafel, aber bevor ich mit der Fortführung meiner Untersuchung fortfahren konnte, kam eine hübsche Kellnerin mit russischem Akzent und brachte mir ein viertes Butterdöschen.
Normalerweise neige ich ja eher nicht dazu, schwierige Probleme einfach zu umgehen, aber ich habe Urlaub und sollte mich besser entspannen, deshalb nahm ich diese einfache Lösung herzlich dankend an. Als ich den Restaurantchef jedoch fragte, wieso die „medium boiled“ Eier viel zu weich sind, warf er mich kurzerhand raus.
Ich glaube, ich brauche dringend mein iPhone wieder.
Ich habe mein iPhone wieder. Aber es ist immer noch defekt. Bevor er mir das mitteilte, ließ der Servicemitarbeiter mich aber noch anderthalb Stunden in der Mall of the Emirates herumlaufen. Vermutlich haben alle Servicedienstleister in der Mall einen Vertrag mit den Ladeninhabern, um den Umsatz etwas zu steigern. Nur neue iPhones hatten sie nicht. Tja, Pech gehabt.
Was gibt's sonst noch? Öhm, …

Wir unterbrechen kurz für die Werbung:

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Kommen Sie nach Dubai und verpassen Sie nicht Al Rawabis Fruchtsäfte! Die gibt es hier nun wirklich an jeder Ecke im Kühlregal (welches natürlich keine Schiebetüren hat, bei den hohen Außentemperaturen, man könnte ja aus Versehen Energie sparen!), in 1001 verschiedenen Sorten, himmlisch lecker und extrem preiswert! Eine Zwei-Liter-Flasche kosten nur etwa 1,60 Euro! Könnte man eigentlich in Deutschland auch mal einführen.


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… sonst gibt's nichts.
Morgen ist der letzte Tag. Am Strand herumliegen von Sonnenauf- bis -untergang.
Hoffentlich bekomme ich nicht auch noch eine Sonnenallergie. Seit heute habe ich nämlich eine Allergie gegen Leute, die mit teuren Autos an der Strandpromenade entlangfahren und dabei erwartungsvoll aus dem Fenster schauen, ob sie jemand bemerkt hat. Eure Maseratis, Lamborginis, Ferraris und sonstigen albernen Protzkisten könnt ihr euch echt von hinten in die Garage schieben!



Es gibt doch noch was Neues: Der Concierge hat mir soeben erklärt, wieso sich der Spiegel im Bad heiß anfühlt, wenn man ihn anfaßt. Jedes Mal beim Zähneputzen wunderte ich mich über die Hitze, die von vorn auf mein Gesicht traf und vermutete erst die über mir angebrachte Lampe als Ursache. Aber irgendwann berührte ich dann den Spiegel mit der Hand und zuckte sogleich erschrocken zurück, so heiß war er. Die Erklärung: Der beim Duschen entstehende Dampf schlägt sich auf dem kalten Spiegel nieder, auf einem warmen jedoch nicht. So werden also zum Wohle der Eitelkeit Unmengen von Energie verschwendet, um einen Spiegel zu beheizen, so bescheuert muß man erst mal sein. Und das in einem Land, in dem die Temperatur nie unter 25 Grad fällt. Ach nein, ich habe ja die Klimaanlage außer acht gelassen, die das Zimmer auf 21 Grad herunterkühlen muß, da ist ein beheizter Spiegel natürlich wichtig!
Das Hotel hat grob geschätzt 250 Zimmer. Was das für den Klimawandel bedeutet, kann sich nun jeder selber ausrechnen. Und wenn man dann noch sieht, wie viele Geländewagen hier auf den perfekten 299-spurigen Autobahnen unterwegs sind, macht man sich keine Illusionen mehr.

Mittwoch
Statt vieler Worte gibt es heute nur ein paar Fotos, denn in wenigen Stunden startet mein Flugzeug. Wenn man den ganzen Tag am Strand herumliegt und gegen die Hitze kämpft, oder beim Baden gegen die mannshohen Wellen, dann gibt es auch an sich nicht viel zu berichten. So etwas kann man halt nur selbst erleben.








So bleibt mir zum Abschluß nur zu sagen, danke Dubai, Du hast Dich wieder von Deiner besten …


… äh … Seite … ähm … ja auch von der, äh … gezeigt.
Und wir werden uns ganz sicher irgendwann mal wiedersehen!

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